Eines Nachts. Um 3 Uhr morgens machte ich mich auf den Weg. Zog mich an, wusch mein Gesicht und schnappte mir meine Kamera. Ich folgte der Menschenmenge. Ziel war ein Stückchen auf einem großen Feld, wo bereits an einer bestimmten Stelle Erde ausgehoben wurde. Rund herum versammelten sich bekannte und unbekannte Gesichter. Mittendrin stand auch ich, verfolgte gespannt das Geschehen. Niemals bevor hatte ich so etwas erlebt. Zwei Männer öffneten einen hölzernen Kasten. Ein unangenehmer Geruch steigte in die Luft. Wasser war zu sehen. Schluchzen zu hören. Ehrfurcht zu spüren. Daraufhin stiegen 2 andere Männer hinunter. Nach und nach, fischten sie schwärzliche Gegenstände heraus. Mit unglaublicher Neugier sah ich zu, wie sie diese erst säuberten und dann in einen tonartigen Behälter umbetteten. Der gleichen Prozedur durfte ich keine 20min später ein zweites Mal, an einer anderen Stelle beiwohnen.
Was ich da verfolgt habe, war die Umbettung der menschlichen Überreste meiner Großeltern väterlicherseits. In Vietnam kann ein Verstorbener entweder verbrannt werden oder eben vorerst in einem hölzernen Sarg vergraben werden. Nach einigen Jahren, wenn nur noch die Knochen vorhanden sind, werden diese nur (!) von den Söhnen der Verstorbenen ausgegraben und umgebettet. Erst dann wird die eigentliche Grabstätte errichtet. Und als ich Dezemeber 2009 nach Vietnam flog, wohnte ich so einer Umbettung bei. Einerseits lief mir schon ein kalter Schauer über den Rücken, andererseits war es unglaublich interessant die kulturellen Riten meiner Wurzeln zu erleben.
Das Foto zeigt meinen Onkel wie er eine Lampe hielt ,damit man besser beim Umbetteten sehen konnte.

This photo shows my uncle holding a lamp during a ritual. People who died can be buried in two ways. They can have a cremation or be buried temporarily in a wooden coffin. After a few years only the sons (!) of the deceased move the bones to another coffin. Then the actual grave is made. When I was in Vietnam in December 2009 I was able to witness the moving of my grandparents remains. It was kinda akward but at the same time absolutely fascinating to be able to see such a cultural procedure from where my roots are.

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11 Juli 2011

NIGHT TIME


3 Kommentare:

Countess van Hellfire hat gesagt…

wow. Sehr interessante Geschichte :)

SubwayDreamer hat gesagt…

0.0 krass. Wieso macht man das eig nachts? Gehört das auch zum Ritus, finde diese Traditionen mega spannend.

Yoko hat gesagt…

@Subway Dreamer:
Das habe ich mich auch gefragt und gleich an einen meiner Verwandten gewendet. Speziell in Asien haben best. Tage/Tageszeiten gewisse Bedeutungen. Man sagte mir 3 Uhr wäre eine gute Zeit, sozusagen eine "heilige" oder "abgesegnete". (Hierbei sollte ich noch erwähnen, dass der Großteil der Vietnamesen eine Mischung aus Buddhismus und Ahnenkult als Religion praktizieren). Ich denke bei so einem Ritual sollten alle anderen Gegebenheiten stimmen, damit es "unter gutem Stern" geschieht.